Fußwallfahrt 2024

Zum 5. Mal machte ich mich am 3. Mai 2024 mit 20 weiteren Pilgerinnen und Pilgern zu Fuß auf den Weg nach Trier zum Grab des hl. Apostels Matthias.

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Auch in diesem Jahr hatte ich ein besonderes Anliegen. Ich wollte Danke sagen für die Geburt meines 2. Enkelkindes „Paulina“ und neue Kraft schöpfen für den Alltag. Sie erblickte das Licht der Welt am 26. April, welch ein Geschenk. Vermutlich hatten auch die anderen Pilger besondere Anliegen, die sie mit auf den Weg nahmen. Da war die Tochter eines 70-jährigen dabei. Sie wollte gemeinsam mit Papa auf Pilgerreise gehen, bevor es vielleicht seine letzte Tour war. Oder da war eine Erstpilgerin die sich gemeinsam mit ihrem Freund, der schon routinierter Pilger ist, auf den Weg gemacht hatte.

 

Der Beginn unserer Pilgerreise war für mich schon sehr bewegend. Einige Pilger mussten in den letzten Wochen die Pilgerreise aus gesundheitlichen Gründen absagen, sie fehlten mir und den anderen in der Kirche. Wir alle haben sie und ihre Anliegen in Gedanken mit auf den Weg genommen.

Drei frischgebackene Brudermeister unterstützten in diesem Jahr neben den Altbrudermeistern unsere erste Brudermeisterin im Team. Drei junge Menschen, die sich einsetzen für ihren Glauben, für die Gemeinschaft und bereit sind, unglaublich viel Verantwortung zu übernehmen. Mir kamen immer wieder die Tränen. Ich empfand tiefe Dankbarkeit in mir, dass ich dabei sein durfte.

 

Nach einem kurzen Gottesdienst mit ansprechenden Gebeten und Gesängen (Dank an den Pfarrer, Organisten und Küsterin) zogen wir am Freitagmorgen mit Kreuz und Pilgerstab voran durch die von Gott gemachte, wunderbare Natur durch Felder, Dörfer, vorbei an Flüssen und Bächen, durch Wälder und Wiesen. Wir sahen Wegekreuze, Pilgersteine anderer Pilgergruppen, kleine Kapellen, Gotteshäuser und Bilderstöcke, wunderbare Zeichen unseres Glaubens. Mal regnete es stark, mal tröpfelte es nur, mal schien die Sonne und es war trocken, mal ging es bergauf, mal bergab. Immer wieder wurde gebetet, gesungen oder wir gingen ein Stück schweigend und konnten unseren Gedanken freien Lauf lassen.  Zudem regten Meditationen zur Selbstreflexion an und moderne und ansprechende Wortgottesdienste wurden gemeinsam gefeiert. Einfach nur herrlich!

Das Leitwort unserer diesjährigen Wallfahrt „Hab festen Mut- und hoffe auf den Herren“ aus dem Psalm 27 war der grüne Faden in Gebeten, Fürbitten, Meditationen und Thema bei den Predigten in der Basilika. Ein aktuelles Thema!!!

 

Einen eigenen Kameramann hatten wir auch dabei. Immer wieder sorgte auch er für Aufmunterung und war bei Anstrengung eine willkommene Abwechslung, Er fotografierte die Pilgergruppe oder einzelne Pilger beim Laufen, beim Ruhen, beim Essen, am Pilgerstein unserer Bruderschaft in Mohrweiler, bei der Erstpilgertaufe, bei einer Pause mit Kanehlstuten im Wald, die geselligen Runden am Abend, bei der Ankunft jeder Tagesetappe- kurz, er war mit seiner Kamera immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gefühlt hat er die doppelte Wegstrecke zurückgelegt. War er doch gerade noch hinten, sah man ihn wieder vorne und umgekehrt, er blieb stehen, machte Fotos von Pflanzen und Tieren, vom aufgehenden Tag, vom Raureif auf den Blättern, vom Nebel in der Frühe, vom Himmel und der Erde, von blühenden Bäumen und Sträuchern, von rauschenden Bächen und vorbeifliegenden Schmetterlingen. Wie viele Fotos er wohl schon geschossen hat war eine Rätselfrage eines Pilgers am dritten Tag der Tour. Der Gewinner erhielt für die beste Schätzung eine Kugel Eis. Schon jetzt freue ich mich auf seine Fotoshow bei unserem Pilgerabschlusstreffen am 14. Juni.

Auf unserem Weg blieb aber auch viel Zeit für Gespräche, wir tauschten uns aus, sprachen, lachten oder weinten miteinander. So wurden alte Anekdoten  erzählt, mal lustige und fröhliche, mal ernste oder traurige Begebenheiten. Die Gruppe kam sich von Tag zu Tag näher und die Gespräche wurden intensiver und tiefgründiger. Späße wurden gemacht, Dehnübungen bei den Pausen, Purzelbäume an Wegschranken, es wurde geschaukelt auf Spielplätzen und in den Pausen viel gegessen. Da gab es zum Beispiel selbstgebackenen Kuchen, Trierpilgerkekse oder Nussecken. Ja die Nussecken muss ich besonders erwähnen. Backt doch eine Tochter eines Pilgers seit Jahren für die Gruppe Nussecken, obwohl sie nicht dabei ist, wie wunderbar ist das? Ich habe mich immer wieder mit diesen Leckereien für die Mühen des Pilgerns belohnt, ich glaube die anderen auch!!

Ein Pilger, der sich zum 25. Mal auf den Weg gemacht hatte, musste die Gruppe wegen Krankheit am dritten Pilgertag verlassen. Wehmut stieg in uns alle auf, Tränen in seinen Augen. Hatte er doch am 1. Tag Kartoffelsalat und Würstchen gespendet, im Vorfeld für Heiterkeit und Fröhlichkeit gesorgt und wäre der besondere Jubilar unserer Gruppe beim Ankommen in Trier gewesen.

Die Pilgertage begannen morgens in der Frühe um viertel vor fünf mit Verladen des Gepäcks und endeten für jeden Pilger individuell nach dem gemeinsamen Abendessen. Manche gingen müde und zufrieden ins Bett, andere gönnten sich in Ruhe ein Bierchen oder einen Cocktail, wieder andere spielten Kicker, jeder so, wie er wollte. Auch das gehörte für uns alle zur Pilgerreise nach Trier dazu, einfach toll!

 Zum Gelingen eines jeden Tages trug jeder Pilger auf seine Weise bei. Da war z. B. die 75-jährige Pilgerin, die spontan eine Wegstrecke mit einem Begleitfahrzeug fuhr oder eine Erstpilgerin, die die Mitpilger mit Tape Band versorgte, um so Schmerzen zu lindern. Dann gab´s die Weg- und Streckenexperten, unsere Fahrer, die immer pünktlich an Ort und Stelle waren, unsere Finanzministerin, die mehrmals am Tag Rechnungen für die Gruppe begleichen musste, unsere Vorbeterin und unsere eigene medizinische Fußpflege, die sich um Blasen und kleinere Blessuren kümmerte. Ich könnte noch so vieles aufzählen, aber das würde den Rahmen sprengen. Lieber Leser, wenn ich dein oder Ihr Interesse geweckt habe, dann melde dich einfach an und komm im nächsten Jahr mit uns auf Wallfahrt.

Rituale und festgelegte Elemente gehören zur jährlichen Pilgertour dazu. Da wäre zum Beispiel das Mittagessen am Samstag in Baasem zu erwähnen. Ein mittlerweile älteres Ehepaar kocht seit Jahren Bratwurst mit Kartoffeln und Kohlrabi für uns- Wiedersehensfreude bei den Altpilgern und Gesprächsthema auf dem Weg dorthin. Es war wieder einmal sooo lecker, vielen Dank an Hannah und ihrem Mann Karl!!

Kurz nach dem Mittagessen findet die Taufe der Erstpilger statt. Singend mit „Seid bereit“ marschieren die Neupilger durch die im spalierstehenden Pilger zur Taufstelle. Mit einer alten, aber schön bemalten „Jaucheschepp“ vollzieht die Täuferin mit ihrem Team eine beeindruckende Zeremonie. Bei Sonnschein werden die neuen Pilger und in diesem Jahr auch die frischgebackenen Brudermeister sprichwörtlich „richtig getauft“. Die Täuferin lässt das Wasser fließen!!

Da gibt es auch den selbst gepflückten Blumenstrauß der Taufpaten unserer Erstpilger. Er wird von jedem Erstpilger mit ein paar Worten und eigenen Gedanken in Mohrweiler am Pilgerstein unserer Bruderschaft niedergelegt- für mich ein sehr bewegender Moment.

Das gemütliche Beisammensein aller Pilger am Montagabend in Trier in gelockerter Atmosphäre ist fester Bestandteil der Tour. Nach einem leckeren Essen und munteren Gesprächen bekommt jeder Erstpilger eine selbstgebrannte Pilgerplakette und der kleine Matthias erhält für das folgende Jahr ein neues zu Hause. Auch in diesem Jahr war das ein sehr emotionaler Moment, sowohl für die erste Brudermeisterin, für den Beschenkten als auch für jeden einzelnen Pilger. Die Stimmung an diesem Abend war gelöst und harmonisch, das Tanzbein wurde geschwungen und die neue Bleibe in einem Veranstaltungsraum der barmherzigen Brüder in Trier positiv aufgenommen.

Pilgern ist mehr als mit den Füßen zu beten und hin zu religiösen Stätten zu reisen. Pilgern heißt für mich auch abschalten vom Alltag, neue Kraft schöpfen, innehalten und dankbar sein, offen für Neues sein und anderen zuhören, Gott ganz nahe sein, zu seinem Glauben stehen und durch die Welt tragen, Gemeinschaft erleben, zu sich selbst finden, Veränderung zu wagen oder zuzulassen- ja mit sich selbst ins Reine kommen und seinen Glauben neu zu entdecken!!!

Ich könnte ein Buch über diese Wallfahrt schreiben. Sie war geprägt von unzähligen Emotionen, Glücksgefühlen, Highlights, Herausforderungen, Anstrengungen, schönen und traurigen Momenten, Höhepunkten und Tiefpunkten, und, und, und…. So war es ein unbeschreiblicher Moment für jeden von uns, als wir am Montagnachmittag die Basilika in Trier erreichten, von Pilgerpater Thomas empfangen wurden und mit Glockengeläut, klatschenden Menschen auf dem Vorplatz und ergreifender Orgelmusik zu „Großer Gott wir loben dich“ beim hl. Matthias ankamen.

Besonders bewegend war danach für mich der Moment, als unsere langjährige, erste Brudermeisterin unsere zwei Erstpilgerinnen an die Hand nahm und voller Überzeugung mit einem Lächeln im Gesicht zum Altar führte. Welch großartiges Gefühl muss es für sie gewesen sein, wurde sie doch mit dieser besonderen Amtshandlung in ihrem unermüdlichen Tun und Handeln für die   Bruderschaft und Pilgergemeinschaft   bestärkt. Von Herzen sage ich: „Danke Maria!! “Erinnerungen an meine erste Tour kamen auf, Freude stieg in mir auf, dass es wieder zwei Menschen neu geschafft hatten. Ich sah Tränen in den Augen des Vaters, dessen Tochter das Ziel zum ersten Mal erreicht hatte und die Freude des Freundes, dessen Freundin ebenso angekommen war. Ich spürte die Freude jedes Pilgers, der den diesjährigen Weg wieder einmal geschafft hatte.

Dann kam der letzte Tag. Nach einem gemeinsamen Abschlussgottesdienst in der Basilika mit anschließender Verabschiedung durch Pilgerpater Thomas gingen wir in kleinen Gruppen in die Innenstadt. Hier konnte man bummeln, Sehenswürdigkeiten besichtigen oder Gotteshäuser besuchen, bis sich alle zum obligatorischen Eis in der Eisdiele wiedertrafen und mit den Bussen zurück in die Heimat fuhren.

Das letzte Stück vom Parkplatz am Rennweg kurz vor Schevenhütte bis in die Pfarrkirche in Schlich gingen wir nun mit geschmücktem Kreuz und Pilgerstab als Pilgergruppe noch einmal zu Fuß. Durch den starken Regen der Vortage waren die Böden im Wald aufgeweicht und riesige Pfützen, umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste machten unsere letzten Kilometer abenteuerlich. Gegenseitig unterstützten wir uns an schwierigen Stellen und achteten gegenseitig darauf, dass keiner auf den letzten Metern noch einmal nasse Füße bekam. Wir waren eine tolle Gemeinschaft!!!

Auf Höhe der Waldgaststätte „Wettstein“ standen die ersten Familienmitglieder und Altpilger, um uns mit Applaus zu begrüßen, darunter auch mein 10- Tage altes Enkelkind „Paulina“, ich war so gerührt. Ob sie sich wohl auch in ein paar Jahren mit einer Pilgergruppe auf den Weg macht? Wir werden sehen.

Mit viel Beifall von Familienangehörigen, Freunden und Bekannten zogen wir um 19.00 Uhr in die Pfarrkirche Schlich ein, feierten eine Maiandacht und verabschiedeten uns anschließend nach vielen Dankesworten mit dem Lied: „Nehmt Abschied Brüder“.

Jetzt ist die Zeit, das Erlebte zu verarbeiten, wieder mit neuen Impulsen in den Alltag zu starten und dann kann man sich auf die Wallfahrt im nächsten Jahr vom 23.05.-27.05.2025 freuen.

Brigitte Kronberg